SRH Wilhelm Löhe Hochschule
Hochschulleben

EAMHID_2021

Mit einer Gruppe von 21 Personen nahm die SRH Wilhelm Löhe Hochschule am diesjährigen 13. Europäischen Kongress zu psychischer Gesundheit bei Intellektueller Entwicklungsstörung in Berlin teil.

„From Science to Practice“

Eindrücke vom 13ten Europäischen Kongress der European Association for Mental Health in intellectual Disability

Wir waren beeindruckt von der Vielfalt internationaler, wissenschaftlicher Forschungsansätze und ihrer professionsspezifischen Zugänge an das interdisziplinäre Arbeitsfeld von Menschen mit einer Intelligenzminderung. Angefangen von differenzierten Therapieansätzen, beispielsweise im klinischen Kontext von Menschen mit ASS & Bindungsstörung, bis hin zu medizinisch geprägten round tables über Mehrfachmedikation, Off Label Anwendungen und ihren Auswirkungen sowie deren Forschungsansätzen bei Menschen mit Down Syndrom, konnten wir als Stipendiaten differenzierte Einblicke gewinnen. Besonders die ko-kommunikativen Forschungs- und Studienmöglichkeiten, beispielhaft in visuell und taktilen Individualmethoden, für Menschen mit Beeinträchtigungen, zeigten in unseren Augen die innovativsten Zugänge zu einem partizipativen Forschungsrahmen. Die Arbeit mit dem Diagnostikinstrument SEED wurde verbreitert und erweitert auf die Profession der Heilpädagogik hinsichtlich einer guten Begründung gegenüber Kostenträgern. Der sozio-emotionale Ansatz des SEED´s implementiert neben heilpädagogischen Werten, deeskalierenden Handlungskompetenzen auch einen individuell möglichen Zugang zu Menschen mit Beeinträchtigungen. Im Rahmen der vielfältigen Poster Session wurden weiters die Auswirkungen der Covid 19 Pandemie für Menschen mit Beeinträchtigung international deutlich. Insbesondere die  chilenische Studie bekam hierzu eine Auszeichnung. Stolz durften wir beiwohnen, wie Dr. M. Wehmeyer, gleichfalls unsere Dozentin für Psychologie an der FAK Schönbrunn für den deutschsprachigen Raum den Dissertationspreis für Ihre SYMPA-Studie entgegennahm und präsentierte.

Resümierend bleibt, dass ein essentiell vielfältiger Erkenntnisgewinn auf Implementierungsmöglichkeiten in die Praxisfelder wartet. Die Profession der Heilpädagogik scheint zwar als Begrifflichkeit namentlich nicht international anerkannt, doch die ganzheitliche interdisziplinäre Form Ihrer pädagogischen Herangehens- und Ausprägungsweisen scheint unumstritten und unabdingbar implementiert in diesem Kontext zu sein.

Unser Hypocampus hat an Plastizität gewonnen!

Studiengang Heilpädagogik
Studiengang Heilpädagogik

Berichte von der EAMHID

Ein Beitrag von unseren Studierenden Katrin Frank, Caroline Stettner und Carolin Pfaff

“Einfach als Mensch behandelt zu werden”

Diesen Wunsch an die Gesellschaft äußerste Dr. Christine Preißmann, eine Rednerin des 13th European Congress of Mental Health in Intellectual Disability (EAMHID 2021), in Berlin. Dieses Anliegen zog sich wie ein roter Faden durch den Kongress. Jeden Menschen, sei er noch so anders, als gleichwertigen Menschen zu sehen und die Einzigartigkeit eines jeden zu feiern, war die Message.

Es waren beeindruckende und berührende Momente, die uns während des Kongresses begleitet haben. Schwer fiel die Wahl, sich bei der Vielzahl an hochkarätigen Vorträgen oder der praxisnahen Workshops zu entscheiden. Aussagen von Dr. Christian Schanze wie:

„Knack den Code“,

als es darum ging herausforderndes Verhalten richtig zu deuten und zu verstehen, oder, dass wir lernen sollen:

„Die eigenen Dämonen in den Griff bekommen“

haben sich eingeprägt. Wertvoll war zudem der Austausch und Input zwischen all den mitgereisten Kommiliton*innen und Frau Dr. Wüchner-Fuchs. Herzlichen Dank für dieses großartige Erlebnis und die neuen Erkenntnisse. Denn:

“Was man besser weiß, kann man besser machen”
(Peter Koedoot)

Ein Beitrag von Sarah Fickel

Der Besuch des 13. Kongress der EAMHID zum Thema seelische Gesundheit bei Menschen mit einer Intelligenzminderung war für mich persönlich eine Art über den Tellerrand schauen. Als angehende Heilpädagogin und Erzieherin in einer integrativen Kindergartengruppe, hatte ich im Rahmen meiner Beschäftigung noch keinen intensiven Kontakt mit Kindern mit einer Intelligenzminderung, vielmehr liegt mein Schwerpunkt aktuell auf der Arbeit mit Kindern mit sozial-emotionalen Auffälligkeiten. Aus diesem Grund waren Themen wie bspw. „ADHS bei Menschen mit Intelligenzminderung“ oder „Diagnostik und Behandlung von Autismus-Spektrum Störungen und/ oder Bindungsstörungen bei Personen mit Intelligenzminderung“ bei denen die klinische Forschung, Medikamentengabe und diverse Kleinstudien im Mittelpunkt standen, für mich absolutes Neuland. Dennoch habe ich viele Impulse für meine tägliche Arbeit bekommen und Hinweise darauf, dass besonders bei der Diagnose von Autismus, oftmals entwicklungspsychologische Ursachen verkannt und mit Psychopharmaka falsch oder nicht wirksam behandelt werden. Auffallend bei den Vorträgen war auch, dass die meiste Zeit über die Menschen mit Intelligenzminderung gesprochen wurde, aber nur wenige Vorträge diese Menschen auch aktiv mit einbezogen haben. Es wurde deutlich, dass multiprofessionelle Teams, die neben PsychologInnen, PsychiaterInnen, MedizinerInnen auch HeilpädagogInnen/PädagogInnen mit einbeziehen, absolute Ausnahmen zu sein scheinen. Es entstand vielmehr bei mir der Eindruck, dass besonders bei den klinischen Studien, kein Platz für Pädagogik/Heilpädagogik ist. Abschließend kann ich feststellen, dass die Teilnahme am Kongress für mich sehr interessant und informativ war und es meinen Blick dafür geschärft hat, dass wir als HeilpädagogInnen eine wichtige Rolle im Gesundheitssystem spielen und dringend mehr Raum und Gehör im klinischen und forschenden Setting im Umgang mit Menschen mit einer Intelligenzminderung brauchen, um unsere personenzentrierte Haltung und unsere Werte dort zu verankern und den Menschen mit einer Intelligenzminderung eine Stimme zu geben.

Ein Beitrag von Markus Frammelsberger

Ein wunderbarer Kongress mit vielen verschiedenen Expert:innen und Fachleuten aus Wissenschaft, Forschung und der Praxis. Gerade das Thema Wissenschaft und Forschung wurde durch viele Studien dargelegt. Und besonders aus dem Bereich der Medizin gab es konkrete Zahlen, entnommen aus den verschiedenen wissenschaftlichen Arbeiten. Der Kongress selbst lebte von den Einblicken in alle Kulturen Europas. So konnte man vor Ort die unterschiedlichsten Länder und ihre Professuren kennenlernen.

Im Fokus stand die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Forschung und der Praxis in einem interdisziplinären Team. In diesem kommen alle fachspezifischen Personen an einem Tisch zusammen, um über die Belange von Menschen mit Behinderung zu sprechen und mit ihnen zusammen erforderliche Lösungen zu erarbeiten. Hier blieb allerdings die Frage offen, wie dies in der Praxis gelingen soll? Dabei ist eine der Kernfragen die Finanzierung und das Zeitmanagement, um alle betreffenden Personen an einen Tisch zu bekommen.

Besonders gut fand ich, dass viel Wissen ausgetauscht wurde. Vor allem im Austausch mit den anderen Nationen. Besonders interessant war, wie deren Vorgehensweise in der Hochzeit der Covid19-Pandemie war. Gerade die vielen verschiedenen Podiumsdiskussionen waren sehr lehrreich und brachten Aufschluss über verschiedene Möglichkeiten der unterschiedlichen Sichtweisen. Mein persönliches Highlight war die Auftaktrede von Herrn Matthias Dose. Sowie der Vortrag von Frau Christine Preißmann, die aus ihrem Leben mit Autismus erzählt hat.

Ein Beitrag von Emil Jilka 

Der Fachkongress für seelische Gesundheit für Menschen mit Intelligenzminderung war für mich eine besondere Erfahrung. Zum einen war es überaus spannend, einen Einblick in den aktuellen Stand der Wissenschaft und weitere Themen zu erhalten und zum anderen, die Menschen, die hinter den Erkenntnissen stehen, persönlich erleben zu dürfen. Hervorheben möchte ich an dieser Stelle, dass die Präsenz vor Ort, nach unzähligen Onlineveranstaltungen während der Pandemie, eine wohltuende Erfahrung war und mir noch einmal verdeutlichte, welche positive Wirkung ein tatsächliches Zusammentreffen von Menschen haben kann. 

Meine persönlichen „Highlights“ während dieser Veranstaltung waren der Vortrag der Lebenshilfe Tirol mit dem Namen „Partizipation von Personen mit Intelligenzminderung in Krisen unterstützen“, sowie der Workshop von Dr. Christian Schanze, „Aggressives Verhalten bei Menschen mit intellektueller Entwicklungsstörung“. 

Im ersten Vortrag schilderte Herr Willeit, der Geschäftsführer der Lebenshilfe Tirol, wie das Unternehmen mit der COVID 19 Pandemie umging. Bedeutsam war hierbei, dass sowohl Mitarbeiter als auch Klienten, hohe Partizipation bei den Entscheidungen hatten. Deutlich wurde Herr Willeits Einstellung und die damit einhergehende Verantwortung, die er gegenüber den Beschäftigten und den Bewohnern wahrnimmt.   

Zum Abschluss des Vortrags kam Frau Rief zu Wort, sie wurde aus Tirol zugeschaltet. Sie schilderte das Erleben der Pandemie aus Sicht der Bewohner. Auch hier wurde deutlich, dass die Klienten überaus ernstgenommen wurden. Dies fand ich insofern beeindrucken, als man hier „Teilhabe und Mitbestimmung“ nicht nur im Sinne einer Phrase benutzt, sondern wirklich lebt. 

Der Workshop über aggressives Verhalten war mein zweiter Höhepunkt. Herrn Dr. Schanze kannte ich schon aus diversen Fachbüchern. Interessant war hierbei, mit dem Menschen persönliche in Kontakt zu treten und sich über Erfahrungen aus der Praxis auszutauschen. Als Grundlage seiner Arbeit benutz Herr Schanze den SEED, also die Skala der Emotionalen Entwicklung und Diagnostik. Für mich erschien dabei wichtig, dass viele Berufsgruppen dieses Instrument anwenden und verstehen können. Herr Schanze wies darauf hin, dass dies Grundlage professioneller pädagogischer Arbeit sein müsse.